Du betrachtest gerade Positives Denken, eine tolle Sache, oder?

Positives Denken, eine tolle Sache, oder?

Ist positives Denken eigentlich immer gut und hilfreich? Früher war ich der Ansicht, dass dies auf jeden Fall so ist und habe dies auch überall kundgetan. Aber in den letzten Jahren habe ich angefangen, mir hier ein paar vertiefte Gedanken zu machen, die ich im Folgenden mit Euch teilen möchte.

Ich habe vor einigen Jahren für meinen Job mal die rechts abgebildete Grafik angefertigt, um Kollegen die Vorteile des positiven Denkens näherzubringen.

Die Inhalte hatte ich übrigens nicht selbst erfunden, sondern aus dem Harrison Assessment (oberes Diagramm) und aus dem Hypnobirthing-Buch (unteres Schaubild) entnommen.

Die obere Darstellung zeigt hier die Wechselwirkung zwischen Optimismus und Risikoanalyse in Bezug auf die Persönlichkeit – es gibt z.B. Menschen, die generell eher optimistisch oder eher pessimistisch denken. Aber auch bei jeder einzelnen Entscheidung, die wir in unserem Leben treffen, und das sind täglich viele 1.000 (!), kommt dieses Wechselspiel zum Tragen. Gerade bei komplexen, weitreichenden Entscheidungen ist eine realistische Risikoeinschätzung gepaart mit einer gesunden Zuversicht hilfreich (Quadrant rechts oben).

Im Gegensatz dazu zeigt der Quadrant unten links das Zusammenspiel zwischen wenig Optimismus und gleichzeitig gering ausgeprägter Risikoanalyse. Dies führt zu einem Pessimismus ohne wirkliche Substanz, einer grundlosen negativen Einstellung.

Interessant sind aber auch die beiden anderen Quadranten. Oben links scheint die Sonne unentwegt 😉 Hier liegt ein Optimismus vor, der blind für alle Risiken ist. Ich kenne dies aus eigener Erfahrung, denn auch ich neige gelegentlich dazu, mit einer rosaroten Brille in die Zukunft zu schauen und manchmal die Risiken aus den Augen zu verlieren.

Der Quadrant unten rechts passt zu den Skeptikern, die vor lauter Risikobewusstsein nichts so recht wagen können, da ihnen die Zuversicht fehlt.

Besonders erstrebenswert scheint daher die realistische Zuversicht zu sein, die oben rechts abgebildet ist.

Die untere Darstellung zeigt die Auswirkungen unserer Gedanken auf unser Tun und Handeln. Die links gezeichneten Figuren haben dabei eine positive Grundeinstellung und kommen damit zum Erfolg, wie der Pokal veranschaulicht. Die rechten Figuren sind negativ eingestellt und landen so letztendlich in einem Regenschauer, der hier den Misserfolg veranschaulichen soll.

Dass es ganz so einfach nicht ist, ist mir in den vergangenen Jahren klargeworden. Natürlich sind die dort dargestellten Dinge richtig, aber das ganze Thema ist deutlich komplexer als hier dargestellt.

Ich denke schon, dass Personen, mit einer grundsätzlich positiven Einstellung sorgloser durchs Leben gehen als andere und wahrscheinlich auch mehr wagen und sich mehr zutrauen. Auch gehen sie vermutlich mit Kritik und ihnen entgegengebrachten negativen Einflüssen gelassener um. Auch ich selbst habe dank dieser Einstellung in meinem Leben wahrscheinlich schon viele mutige Schritte gemacht und Herausforderungen angenommen, bei denen ich mit negativen Gedanken vermutlich einen Rückzieher gemacht hätte. Aber ich muss ständig aufpassen, nicht in den blinden Optimismus abzudriften. Und dies kann tatsächlich bei Optimisten zu Problemen und Misserfolgen führen. Wenn alle Risiken außer Acht gelassen werden, kann keine qualifizierte Entscheidung getroffen werden.


Und was passiert eigentlich, wenn man anderen den Ratschlag gibt, sie sollten doch positiver denken, dann klappt schon alles? Was ist, wenn es dann nicht klappt? Dann macht sich die Person vermutlich den Vorwurf, sie habe nicht genug positiv gedacht und gibt sich selbst die Schuld für den Misserfolg, auch wenn sie selbst nichts dafür kann.

Generell ist diese „Beratung ohne Auftrag“ in so gut wie allen Fällen kontraproduktiv. Ich plädiere stattdessen vielmehr für positives Vorleben. Wie das in verschiedenen Lebensbereichen aussehen kann, beschreibe ich in den nächsten Abschnitten.

Positives Denken für Führungskräfte

Als Führungskraft ist es wichtig, den Mitarbeitenden eine klare Vision zu geben. Wo will das Unternehmen, die Abteilung, das Team hin? Welchen Beitrag möchte es leisten? Was kommt am Ende heraus? Was sind die Früchte des Erfolges? Dazu passt das folgende Zitat, das ich sehr gerne mag:

„Wenn Du ein Schiff bauen willst, dann trommele nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“

Antoine de Saint-Exupéry

In schwierigen Situationen, in denen sich der Frust breit macht, ist es umso wichtiger, dem Team diese Vision vor Augen zu halten, um ihnen Licht am Ende des Tunnels zu zeigen. Gleichzeitig veranschaulicht ihnen das auch unseren eigenen Umgang mit Herausforderungen. Wir halten an der Vision fest und gehen motiviert ans Werk, um die Hindernisse zu überwinden.

Wenn Du selbst zu blindem Optimismus, zu Skepsis oder zu achtlosem Pessimismus neigst, ist es wichtig, dass Du in Deinem Team den entsprechenden Gegenpol hast, der Dir hilft, alle Sichtweisen in Deiner täglichen Arbeit zu berücksichtigen, damit Du Deine Entscheidungen auf einer ausgewogenen Basis treffen kannst.

Positives Denken in der Familie

Wenn Du selbst ein optimistischer Mensch bist, dann teile diese Einstellung mit Deinen Familienmitgliedern. Denke laut, wenn Du die schönen Seiten des Alltags wahrnimmst 🙂

In schwierigen, konfliktreichen Situationen behalte Deinen Fokus auf den positiven Dingen, die Dir begegnen. Ich weiß, dass dies nicht immer einfach ist, aber oftmals steckt hinter augenscheinlich schwierigen zwischenmenschlichen Situationen viel Potential. Ein Beispiel ist die Autonomiephase bei Kleinkindern, die irgendwann im 2. Lebensjahr beginnt und viel Fingerspitzengefühl der Bezugspersonen erfordert. Sie wird ja auch Trotzphase genannt, was ich aber nicht so treffend finde. Autonomie ist schließlich das Ziel dieser Phase, nicht der Trotz.

In der Phase möchten die Kinder alles selber machen und haben ihre ganz eigenen Vorstellungen davon, wie das Leben ablaufen soll. Das kann natürlich sehr anstrengend sein, wenn das Kind im Alltag nicht mitspielt, sich nicht anziehen möchte, nicht mitkommen möchte, nicht die Zähne putzen möchte und so weiter. Und meistens sind es die Hauptbezugspersonen, die dies besonders stark zu spüren bekommen.

Und genau hier liegt das Positive: dass die Kinder sich so verhalten, ist ein großer Vertrauensbeweis! Es heißt: „Hier kann ich meine eigenen Vorstellungen ausleben und sie mit aller Kraft durchsetzen, denn hier werde ich geliebt, egal, was ich tue.“ Mir hilft es in diesen Situationen immer, mir dies vor Augen zu halten. Und zu wissen, dass mein Kind hier gerade wichtige Entwicklungsschritte macht, die ihm in seinem ganzen Leben helfen werden. Denn ich möchte, dass meine Kinder selbstbewusst in die Welt hinausgehen. Dass sie wissen, was sie wollen und brauchen. Dass sie ihre Bedürfnisse kennen und diese auch äußern können.

Ein paar Tipps zum Schluss

Wenn Du selbst Deinen Fokus etwas mehr auf die positiven Dinge des Lebens richten möchtest, dann habe ich ein paar Ideen für Dich:

  • Führe ein Dankbarkeitstagebuch: baue in Deine tägliche Routine zu einer festen Tageszeit das Schreiben in ein Dankbarkeitstagebuch ein. Überlege Dir dafür täglich ca. 3 Dinge, für die Du dankbar bist. Das können sowohl große Dinge sein (z.B. Friede, Wohlstand), aber auch Kleinigkeiten (z.B. die Tasse Kaffee, das Lachen des Kindes). Und schreibe dies auch wirklich auf, denn das Aufschreiben führt dazu, dass es noch stärker in Deinem Gehirn verankert wird. Außerdem kannst Du es dann regelmäßig ansehen und lesen, was für schöne Dinge Dir in Deinem Alltag begegnet sind 🙂
  • Überlege in schwierigen Situationen, was für positive Dinge damit verbunden sind. Viele Herausforderungen bringen Dir ein großes Wachstumspotential. Es lohnt sich auch, auf vergangene ähnliche Situationen zurückzublicken und zu schauen, was Du der Situation im Nachhinein abgewinnen kannst.
  • Haderst Du mit einer Entscheidung, da sie Dir zu riskant erscheint? Frage Dich, was das Schlimmste ist, was passieren kann. Oftmals ist das Schlimmst gar nicht so schlimm 😀 Vielleicht kannst Du es also doch wagen?

Was für Erfahrungen hast Du mit positivem Denken und Optimismus gemacht? Ich würde mich über Deine Geschichten freuen. Schreib mir gerne eine Email 🙂

Darf ich Dich auf Deinem Weg als Working Mom und / oder Führungskraft begleiten? Dann schaue hier und melde Dich zu einem unverbindlichen Kennenlerngespräch an.