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Warum gibt es immer noch so wenig Frauen in Führungspositionen?

Zu dieser Frage habe ich mir in den letzten Monaten einige Gedanken gemacht. Auch deshalb, weil ich mich selber gerade aus einer solchen Position verabschiede. Wie kommt es, dass die Anzahl der Frauen in Führungspositionen trotz aller Bemühungen der Emanzipation und Gleichstellung nach wie vor noch so dünn ist?


Hierzu kann ich natürlich am besten aus meiner eigenen Erfahrung berichten. Ich selbst hatte das mit der Karriere ja eigentlich gar nicht geplant. Es wurde mir sozusagen übergestülpt 😀
Wobei… So ganz stimmt das natürlich auch nicht. Ich selber habe einen hohen Anspruch an mich selbst und meine Arbeit, gleichzeitig ist mir ein gutes Netzwerk wichtig. Das sind gute Voraussetzungen, um im Unternehmen sichtbar zu werden. Und als Frau in einem männerdominierten Umfeld wie der Automobilbranche fällt man sowieso schon auf. Ich vermute, dass ich es als Mann mit den gleichen Eigenschaften nicht so weit gebracht hätte.

Meiner eigenen Erfahrung nach scheint es also keine systematische Benachteiligung von Frauen im Hinblick auf Beförderungen zu geben. Es mag natürlich Branchen und Unternehmen geben, wo dies (leider) anders ist. Da wäre ich Dir für Deinen Erfahrungsbericht dankbar. Was hast Du erlebt? Welche Wertschätzung wurde Dir entgegengebracht? Schreibe mir gerne eine Mail oder hinterlasse einen Kommentar 🙂

Was genau versprechen sich die Unternehmen denn von Frauen in Führungspositionen? Aufgrund der ihnen zugeschriebenen Fähigkeiten wie Empathie, soziale Intelligenz, Kommunikationsstärke sollen sie angeblich die besseren Chefs sein. Mal abgesehen davon, dass ja nun auch nicht alle Frauen diese Verhaltensweisen gleichermaßen mitbringen, steht für mich die Frage im Raum, ob im Arbeitsalltag überhaupt Platz für diese Eigenschaften ist… (Anmerkung: ich spreche hier oft von geschlechtsspezifischen Eigenschaften, die ich absichtlich in Anführungszeichen darstelle, da dies natürlich sehr klischeehaft ist. Natürlich kann man dies nicht so pauschal sagen, aber es erleichtert das Verständnis des Themas ungemein.)

Das ist aus meiner Sicht sehr stark branchenabhängig. Von meinem Mann, der in der Sozialbranche tätig ist, weiß ich, dass die „weiblichen“ Eigenschaften dort viel mehr Platz haben als z.B. in technischen Berufen. In der Sozialbranche sind dementsprechend auch viel mehr Frauen in Führungsprositionen zu finden als in anderen. Aber da sind wir bei einem Henne-Ei-Problem. Sind so viele Frauen in der Sozialbranche Führungskräfte, weil die Branche so ist, wie sie ist, oder ist die Branche so, weil so viele Frauen in Führungspositionen sind? 😀

Selbiges kann man sich natürlich auch für männerdominierte Berufsgruppen fragen…

Wie dem auch sei. Ich werde mich hier weitestgehend auf meine persönlichen Erfahrungen beschränken. Und in meinem beruflichen Umfeld sind „männlich“ besetzte Eigenschaften sehr gefragt und nützlich: Durchsetzungsvermögen, Wettbewerbsdenken und auch eine hohe Priorisierung des Jobs gegenüber dem Rest des Lebens.

Das war mir früher nie so bewusst, wurde mir aber deutlich, nachdem ich selbst eine Familie gegründet hatte. Links auf dem Bild seht Ihr mich ein paar Wochen davor 😀

Wer selber Kinder hat, kennt das Gefühl, wenn sich plötzlich die Prioritäten im Leben neu sortieren und einem vieles plötzlich unbedeutsam vorkommt, was früher wichtig war.

Nach der Elternzeit gelang es mir recht schnell, in Teilzeit wieder im Führungsjob Fuß zu fassen. Trotzdem war es zunächst schwer, mich wieder auf die „Probleme“ des Arbeitsalltags einzulassen und den Sinn in meiner Arbeit wieder zu finden.

Die Sinnhaftigkeit fand ich bald wieder 🙂 Ich sehe den Sinn für mich als Führungskraft darin, für und mit meine(n) Mitarbeiter(n) ein Umfeld zu schaffen, in dem sie gut und motiviert arbeiten können. Vielleicht hilft mir dabei die eine oder andere „weibliche“ Eigenschaft, vielleicht auch nicht.

Was mir jedoch aufgefallen ist, ist – und das wird mit jedem weiteren Kind, was dazukommt, deutlicher – wie eng das Korsett trotz Teilzeit doch ist. Die Erwartungen an die Erreichbarkeit und Verfügbarkeit für Termine sind als Führungskraft in einer Branche, in der die meisten Väter Vollzeit arbeiten und sich ihre Frauen um alles andere kümmern, sehr hoch. Meine Arbeitszeit ist nahezu komplett durch Besprechungen ausgefüllt, für sonstige Tätigkeiten bleibt kaum Zeit. Insofern spielte mir tatsächlich Corona ein wenig in die Karten, weil das dazu führte, dass ich verstärkt im Home Office arbeiten konnte. Das ersparte mir den Fahrweg und schenkte mir damit kostbare Zeit und Flexibiltät. Als Führungskraft in Teilzeit wird von mir eine Verfügbarkeit erwartet, die einer Vollzeitkraft entspricht. Das heißt, dass ich hocheffizient arbeiten muss, um das in irgendeiner vernünftigen Art und Weise unter einen Hut zu bringen. Das ist auf Dauer ganz schön anstrengend.


Führung ist also immer noch sehr männlich. Frauen, die in Führung gehen wollen, brauchen also heute immer noch sehr „männliche“ Eigenschaften. Viele Frauen wollen aber genau das gar nicht. Sie wollen authentisch sein und ihren Werten treu bleiben. Das könnte also ein Grund sein, dass immer noch so wenig Frauen in Führung unterwegs sind.


Für Mütter gilt dies, wie oben erwähnt, natürlich umso mehr. Auch wenn in einigen Familien bereits eine gute Aufteilung von Care- und sonstiger Arbeit zwischen den beiden Elternteilen herrscht, ist das immer noch viel zu selten der Fall. Meistens schleppt die Frau nach wie vor den Großteil der „Mental Load“ mit sich herum. Und trägt meistens auch noch den Löwenanteil der Kinderbetreuung und Haushaltstätigkeiten. Natürlich spricht das nicht gerade dafür, sich auch noch einen mental fordernden verantwortungsvollen Führungsjob zu suchen.

Ich bin meinem Arbeitgeber sehr dankkbar, dass ich nach beiden Elternzeiten in Teilzeit wieder zurück in meine Führungsjobs kommen konnte und sogar noch befördert wurde. Ich weiß, dass das kein Normalfall ist. Für viele Unternehmen ist Führung in Teilzeit nach wie vor ein No-Go. Aber wie oben bereits erwähnt, puffere ich diese „zeitliche Einschränkung“ mit erhöhter Effizienz. Die Erwartungshaltung an mich ist die gleiche wie im Vollzeitjob.

Wenn ich den ganzen Tag im Meeting sitze und im Anschluss zur Kita hetze, um meine Kinder abzuholen, habe ich oft nicht mehr die Energie, die sie verdient hätten. Da werde ich meinem Anspruch als Mutter auch nicht gerecht und frage mich natürlich: „Will ich das so weiter machen?“


Ich denke, da muss gesellschaftlich noch einiges passieren, um hier besser aufgestellt zu sein. Väter in Teilzeit sind immer noch eine Seltenheit und starre Arbeitszeitmodelle leider nach wie vor auch noch sehr verbreitet. Wenn ich meine Ziele erreiche und meine Aufgaben zur Zufriedenheit aller erfülle, sollte es jedoch keine Rolle spielen, wann und wo ich arbeite, oder?

Ich kann Euch liebe Frauen und Mütter nur ermuntern, hier mutig auf Eure Arbeitgeber und auch Eure Partner zuzugehen und ihnen die Vorzüge einer besseren Vereinbarkeit von (Führungs-)Job und Familie näherzubringen. Gerade als Mütter bringen wir so viele Eigenschaften mit, die eine Führungskraft braucht:

  • Resilienz
  • Empathie
  • Organisationstalent
  • Flexibilität
  • Moderationsfähigkeiten
  • Kommunikationsstärke
  • Teamfähigkeit
  • und viele mehr.

Macht Werbung dafür und lasst uns gemeinsam etwas bewegen in dieser (Arbeits-)Welt 🙂